LE 6 Harnwegserkrankungen
Abschnittsübersicht
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Lernziele
Nach dem Durcharbeiten dieser Lerneinheit solltest Du folgende Fragen beantworten können:
In der schriftlichen Überprüfung werden klassischerweise Fragen gestellt, bei denen Du genau zwischen den Symptomen eines Harnwegsinfektes (HWI) und die einer Glomerulopathie unterscheiden sollst! Doch welche sind die Kardinalsymptome eines HWI? Erstelle eine Gegenüberstellung dieser Symptome mit denen einer Glomerulonephritis!- Wie viel häufiger sind Frauen von einer
Pyelonephritis betroffen als Männer?
- Wie handelst Du bei einem männlichen
Patienten mit folgender Anamnese: Brennende Schmerzen beim Wasserlassen,
trüber Ausfluss aus der Harnröhre und (als ob es nicht genügte!)
prosmikuitives Sexualverhalten?
Viel Spaß beim Lernen!
Besonderheiten der Harnwegsinfekte
Harnwegsinfekte (HWI) sind die häufigsten Erkrankungen der Harnwege. Sie sind häufig einmalig und heilen folgenlos ab. Bei Patienten mit schwacher Immunabwehr können sie allerdings chronisch-rezidivierend auftreten und die aszendierenden Erreger können das Nierenparenchym dauerhaft schädigen. Frauen, Kleinkinder und Patienten mit Diabetes mellitus sind am häufigsten von HWI betroffen, wobei die Inzidenz der HWI bei Männern mit zunehmendem Lebensalter die von Frauen erreicht. HWI sind außerdem die häufigsten nosokomialen (im Krankenhaus erworbenen) Infektionen.
Urethritis
Ursachen
Entzündung durch Colibakterien (z. B. Escherichia coli), Erregerreservoir ist der Darm → Ausbreitung vom Darm zur Urethra möglich bei zusätzlichen Gunstfaktoren wie: Katheterisierung, Konstitution/Abwehrschwäche, Diabetes mellitus (Minderdurchblutung), Kälte
Die Häufigkeit der Erreger einer infektiösen Urethritis ist epidemiologisch zwischen Mann und Frau sehr unterschiedlich: bei Frauen überwiegen E. coli, die anatomisch bedingt vom Darm in die Harnwege aufsteigen können, bei Männern sind unter den sexuell übertragbaren Erregern die Chlamydien am häufigsten vertreten. Urethritiden werden unterteilt in gonorrhoischer Urethritis GU (auch: spezifische Urethritis) und nicht-gonorrhoischer Urethritis NGU (auch: unspezifische Urethritis). Zur Gonorrhoe als spezifische Infektionskrankheit verweisen wir auf den Kurs "Infektionslehre, Infektionskrankheiten und IfSG"!Symptome
Miktionsstörungen: Algurie mit Brennen/Jucken. Eitriger Ausfluss ist ein starker Verdachtsmoment auf eine spezifische (gonorrhoische) Urethritis und bedeutet für Heilpraktiker absolutes Behandlungsverbot!
Komplikationen
- Beim
Mann: Periurethritis,
Kavernitis (Entzündung greift auf das Umliegende Bindegewebe der Urethra
bzw. auf den Schwellkörper des Penis über), Prostatitis, Zystitis
- Bei
der Frau: Zystitis, Pyelonephritis, seltener (meistens nur bei Chlamydien
oder Gonokokken): Ovariitis, Adnexitis.
Therapie
siehe Zystitis
Zystitis (Blasenentzündung)
Eine Zystitis ist eine Entzündung der Harnblasenschleimhaut. Meist verläuft sie aufsteigend, das heißt von der Harnröhre kommend (durch Keime auf der Haut und in der Perianalgegend). Bei diesen Keimen handelt es sich zu 80% um Darmbakterien: Escherichia coli. Es kommen aber auch andere Erreger, wie zum Beispiel Klebsiellen, Enterokokken, Staphylokokken und Streptokokken in Frage. Aufgrund der kürzeren Harnröhre kommt eine Zystitis häufiger bei Frauen vor, außerdem leiden ältere Männer mit einer Prostatavergrößerung infolge des nicht ablaufenden Restharns an dieser Erkrankung.
Definition
Entzündung der Harnblasenschleimhaut
- Frauen: junge, sexuell aktive Frauen erkranken am häufigsten, Übergang von Urethritis (Urethritis und Zystitis sind oft assoziiert), begünstigt durch die kurze Urethra.
- Bei Männern ist eine isolierte Zystitis selten; Die Zystitis tritt als Folge einer Urethritis oder einer Harnverhaltung auf, meistens bei älteren Männern im Zusammenhang mit einem Abflusshindernis (benigne Prostatahyperplasie, Prostatitis, Prostatakarzinom
Ursachen
- Übergang von Urethritis (Urethritis und Zystitis sind bei Frauen oft assoziiert)
- 80 % der Fälle Escherichia coli (E. coli)
- Außerdem: Klebsiellen, Enterokokken, Staphylokokken, Streptokokken, Proteus
Risikofaktoren
- Ungenügende Flüssigkeitsaufnahme
- Sexuelle Aktivität ("Honeymoon-Zystitis")
- Anatomische Anomalien
- Unzureichende oder auch übertriebene Hygiene
- Unterkühlung
- Hormonelle Veränderungen: Pubertät, Wechseljahre, Schwangerschaft, Antibabypille
- Geschwächtes Immunsystem
- Strahlentherapie
- Stoffwechselstörungen wie Diabetes mellitus und Gicht
- Analgetikaabusus
- Urologische Untersuchungen
- Blasenkatheter
- Verlegung durch z.B. Steine und Tumoren (z. B. Prostataadenom)
- Blasenfunktionsstörungen
Symptome
Miktionsstörungen- Dysrurie
- Algurie (Brennen)
- Strangurie
- Pollakisurie
- Trüber, flockiger Urin
- Hämaturie
- Schmerzen in der Blasengegend
Aber Achtung! Bei Männern verläuft eine Zystitis viel schwerer und schmerzhafter als bei Frauen, häufig auch wegen einer begleitenden Prostatitis. Fieber kommt vor.
MindMap Urethritis-Zystitis. Copyright: arche medica BerlinDiese MindMap kannst Du hier herunterladen.
Diagnose
Urin-Labor- Leukozyturie
- Bakteriurie
- Nitrit
Komplikationen
- Aszendierende Infektion: Pyelonephritis
- Urosepsis
Therapie
Antibiotika, viel trinken, Wärme, Bettruhe, warme Fußbäder
Bei akuter Zystitis als erstmalige Erkrankung besteht aufgrund der Sorgfaltspflicht Behandlungsverbot, weil die Symptomatik auch bei Tbc, Gonorrhoe und Blasen-CA auftreten kann. Abgeklärte, rezidivierende Zystitiden dürfen vom Heilpraktiker behandelt werden.Pyelitis, Pyelonephritis (PN)
Infektion des Nierengewebes und Nierenbeckens. Sie kann akut oder chronisch verlaufen. Bei Frauen treten akute Infektionen etwa 100-mal häufiger auf als bei Männern. Meist entwickelt sich die akute Nierenbeckenentzündung aus einer aufsteigenden Harnwegsinfektion.
Definition
Entzündung des Nierenbeckens (Pyelitis) und des Nierenparechyms (der Kelche und des Interstitiums). Akut und Chronisch.
Ursachen
- Meist aszendierende Infektion (Urethritis à Zystitis à Pyelitis à Pyelonephritis) durch E. coli (aber auch: Proteus, Klebsiellen, Enterokokken, Pseudomonas aeruginosa, etc.)
- Auch deszendierende Ausbreitung: hämatogene Erregerausbreitung aus einem Erregerherd (z. B. Tonsillen, Zahnwurzel, Lymphknoten, NNH, Gallenblase, Bauchregion)
Begünstigende Faktoren
- Abflusshindernis der Harnwege, z. B.
- Nephrolithiasis (Nierensteinleiden)
- Harnleiterstriktur
- Reflux von Harnblase zum Nierenbecken über die Ureteren (vesico-ureteraler Reflux). Führt zur Stauung des Harns.
- Prostatahyperplasie
(Benigne Prostatahyperplasie BPH)
- Diabetes mellitus: dabei schwerere Verläufe als bei Nicht-Diabetiker
- Schwangerschaft: Pyelonephritis gravidarum
- Immunsuppression
- Anatomische Anomalien
- Funktionelle Störungen: Encephalomyelitis disseminata (MS), Querschnittlähmung
- Unterkühlung
- Geringe Harnbildung
- Sexuelle Aktivität
- Hyperurikämie (Gicht)
- Lange Bettlägerigkeit
- Iatrogen: Harnblasenkatheter
Akute Pyelitis
Definition
Infektion des Nierengewebes und Nierenbeckens. Sie kann akut oder chronisch verlaufen. Bei Frauen treten akute Infektionen etwa 100-mal häufiger auf als bei Männern. Meist entwickelt sich die akute Nierenbeckenentzündung aus einer aufsteigenden Harnwegsinfektion.
Symptome
- Meistens: plötzlich hohes Fieber (und Schüttelfrost) und starkes Krankheitsgefühl
- Dysurie
- Übelkeit/Erbrechen
- Klopfschmerzhafte Nierenlager
- Flankenschmerz
Verlauf
Zuvor bestehen häufig die Symptome einer Zystitis (Dysurie, Pollakisurie, Algurie), dann treten zusätzlich pyelitische Symptome hinzu: Fieber ggf. mit Schüttelfrost, starkes Krankheitsgefühl, Flankenschmerzen und heftige Klopfschmerzen im Nierenlager, ausstrahlend in das Abdomen, gelegentlich mit Übelkeit und Erbrechen.
Diagnose
- Labor
- Blut: starke BSG-Beschleunigung, CRP erhöht, Leukozytose mit Linksverschiebung,
- Urin: Proteinurie, Leukozytenzylinder, Nitrit, Bakterien
- Bildgebung: CT lässt Pyelitis/Pyelonephritis erkennen (Abgrenzung)
Komplikationen
- Chronifizierung, chronische Pyelonephritis (meist aber Ausheilung)
- Urosepsis
- Paranephretischer Abszess
- Pyelonephretische
Schrumpfniere mit Niereninsuffizenz
Therapie
- Antibiotika nach Antibiogramm
- Bei Obstruktion: Beseitigung des Abflusshindernisses
- Bermehrte Flüssigkeitszufuhr
- Bettruhe
- Wärme
Chronische Pyelonephritis
Meist unmerklich verlaufende, chronische Entzündung des Nierenbeckens und Nierenparenchyms.
Wird die akute Nierenbeckenentzündung nicht behandelt, können sich kleine Abszesse in der Niere bilden, die zu einer chronischen Entzündung oder Verminderung der Nierenfunktion führen. Sind die ableitenden Harnwege über längere Zeit verändert (vesikoureteraler Reflux, Harnleiterenge), kann sich aus einer akuten eine chronische Nierenbeckenentzündung entwickeln.
Symptome
- Zu Beginn lange symptomlos
- Rasche Ermüdbarkeit
- Kopfschmerzen
- Kein oder schwaches Fieber, evtl. unklare Fieberschübe
- Appetitlosigkeit
- Leichte Anämie
- Blutdruckanstieg
- Nierenfunktionsstörung
Im Schub: Leistungsschwäche, Abgeschlagenheit, Depressivität, Kopfschmerzen.
Die uncharakteristischen Symptome und der symptomarme Verlauf können zu der unbemerkten Entwicklung einer Niereninsuffizienz führen. Statistisch ist die chronische Pyelonephritis die häufigste Nierenerkrankung, wird aber viel seltener diagnostiziert als sie tatsächlich vorhanden ist.Abbildung: Chronische Pyelonephritis (Bild: PEIR Digital Library, © University of Alabama at Birmingham, Department of Pathology)Oben: chronische Pyelonephritis, hämarrohagische Entzündung und hydronephrotisch verschmälerter Nierenparenchymsaum bei einem Patienten mit Benigner Prostatahyperplasie (BPH) aber auch Analgetikaabusus (Phenacetin);
Unten normale Niere zum VergleichDiagnose
- Labor
Bei Harnwegsinfek Leukozytose, Bakteriurie, Leukozyturie, Leukozytenzylinder im Harnsediment, evtl. Hämaturie - Bildgebende
Verfahren: Sonographie (Ultraschall), Röntgen – typisch: einseitige
Schrumpfung, während eine glomerulonephritische Schrumpfung symmetrisch
ist. Weiterhin: Verplumpung der Nierenkelche, narbige Einziehungen der
Nieren-oberfläche etc.
Komplikationen
- Schrumpfniere
- Nephrotisches Syndrom (Proteinurie)
- Vernarbung und Zerstörung von Nierengewebe → Niereninsuffizienz
- Renale Hypertonie
- Urosepsis
Therapie
- Antibiotika nach Resistenzbestimmung durch Antibiogramm
- Viel trinken
- Ggf. Therapie der chronischen Niereninsuffizienz
- Ggf. Behandlung der renalen Hypertonie
- Ggf. operative Korrektur der Stenosen der ableitenden Harnwege und anderer Refluxursachen.
Hier ein Film über das Bild der Zystitis bei Männern:
Die Symptome und Ursachen der Glomerulonephritiden und der Pyelonephritis sind häufig Gegenstand von Prüfungsfragen und es gilt, beide Krankheitsgruppen nicht zu verwechseln! Dieses kannst Du jetzt mit Deinem Multiple choice-Quiz üben. Gutes Gelingen!
Allgemeine Empfehlungen bei rezidivierenden Harnwegsinfekten
Diese Aufgabe kannst Du einsenden. Viel Erfolg!
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Auf jeden Fall wirst Du Dir dabei viel über die HWI nachhaltig lernen.
Viel Spaß!
- Wie viel häufiger sind Frauen von einer
Pyelonephritis betroffen als Männer?