Abschnittsübersicht

  • Lernziele

    Nach Deiner Arbeit über das nephrotische Syndrom solltest Du in der Lage sein, diese Fragen zu beantworten:

    • Wie lautet die Definition des nephrotischen Syndroms?
    • Welcher Wert ist dabei entscheidend?
    • Was sind bei Erwachsenen die häufigsten Ursachen des nephrotischen Syndroms?
    • Nenne und erkläre fünf Befunde bzw. Symptome des nephrotische Syndroms!
    • Nenne mindestens drei Komplikationen des nephrotischen Syndroms!
    Viel Spaß beim Lernen!


    Definition               

    Das nephrotische Syndrom ist ein Sammelbegriff für einen Symptomkomplex degenerativer Veränderungen der Nieren mit unterschiedlichen Ursachen. Es ist durch massiven Eiweißverlust (große Proteinurie > 3,5 g pro Tag, in manchen Fällen bis zu 30 g/d) und eine veränderte Konzentration von bestimmten Eiweißfraktionen im Blut gekennzeichnet und auch definiert.
    Die Störung führt nicht nur zum Verlust von Albumin, sondern auch weiterer Proteine, u. a. Immunglobuline, Antithrombin III, Erythropoetin, Transferrin, Vitamin D-bindendes Protein.
    Nephrotisches Syndrom = "Eiweißverlustniere"

    Pathomechanismen

    Diskutiert werden zwei mögliche Pathomechanismen

    • Underfill-Konzept
      Proteinurie → Hypalbuminämie → Aktivierung des RAAS → Natrium- und Wasserretention → Ödeme
    • Overfill-Konzept
      Primär tubulärer Defekt → Natrium- und Wasserretention → Ödeme

    Ursachen

    • Primär
      • Entzündung im Nierenparenchym: Glomerulonephritis: Minimal change-GN, bei Kindern die häufigste Ursache (80 %)
      • Pyelonephritis
    • Sekundär (> 50 % bei Erwachsenen, < 10 % bei Kindern)
      • Diabetische Nephropathie (> 50 %): Spätfolge von Diabetes mellitus als Glomerulosklerose, bei Erwachsenen die häufigste Ursache
      • Präeklampsie bei Schwangerschaftsinduzierter Hypertonie (SIH)
      • Amyloidose: Seltene Erkrankung, aber zu 4 % die Ursache für ein nephrotisches Syndrom.  Amyloide (Eiweißformen) werden übermäßig produziert und in Geweben und Organen eingelagert, u. a. in Gehirn (Demenz), Herz (Herzinsuffizienz), Nervensystem und Nieren, und stören dort den Stoffaustausch. An der Niere entsteht ein nephrotisches Syndrom.
      • Kollagenosen (SLE)
      • Infektionskrankheiten: HIV, Malaria, Hepatitis C, HIV
      • Plasmazellmyelom (Multiples Myelom, Plasmozytom): Bence-Jones-Proteinurie
    • Seltene Ursachen

    Symptome

    • Proteinurie (große Proteinurie mit >3,5 g/Tag)
    • Hypalbuminämie: Ödeme, vorrangig im Gesicht, in ausgeprägten Fällen auch Lungenödem, bei Kindern häufig Aszites
    • Hyperlipoproteinämie: Folge der Hypalbuminämie. Zur Kompensation des niedrigen kolloidosmotischen Druckes synthetisiert die Leber mehr Lipoproteine (Erhöhung der Triglyzeride und des Cholesterins), jedoch ohne Einfluss auf die Ödeme. Außerdem ist der enzymatische Abbau der Lipoproteine in der Niere gestört.

    • Hyperkoagulabilität (25 - 40 % der Patient*innen): Thrombosen und Thromboembolien durch den Verlust von Antithrombin III und die Hyperviskosität
    • Erhöhte Infektneigung durch Hypoglobulinämie (IgG-Mangel)

    Komplikation

    • Chronische Niereninsuffizienz aus ungeklärten ursächlichen Faktoren
    • Anämie durch den Verlust von Erythropoetin und Transferrin
    • Hypertonie durch die Natriumretention
    • Koronare Herzkrankheit durch die Dyslipidämie und die Hypertonie
    • Knochenerkrankungen durch den Verlust an Vitamin D-bindendes Protein

    Diagnose

    • Klinische Inspektion und Palpation: Ödeme
    • Urin: Proteinurie, spezifisches Gewicht erhöht
    • Blut
      • Serumeiweißelektrophorese (Albumine und gamma-Globuline vermindert, alpha2- und beta-Globuline relativ erhöht)
      • Cholesterin und Triglyzeride erhöht
      • Bei Niereninsuffizienz harnpflichtige Stoffe erhöht
      • IgG und Antithrombin III vermindert

    Therapie

    • Ursächlich
    • Beseitigung der schädigenden Ursache
    • Diät: eiweiß- und kochsalzarm
    • Flüssigkeitsbilanzierung
    • Medikamente je nach Ursache (Diuretika, Thromboseprophylaxe, Therapie der Hypertonie und der Hypercholesterinämie, Glukokortikoide)